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Jetzt fang ich auch noch an zu sprechen - Youtube als Chance und Herausforderung

Viel länger hätte ich sicher nicht warten dürfen - inzwischen erlauben mir die technischen Möglichkeiten und das gegenwärtig bedrängende und alternativlose Social Distancing Dinge anzugehen, zu denen bislang Zeit und Mut fehlte. Bei meinem HNO-Arzt stoße ich immer auf ein kleines bonmot mit großer Botschaft - auf einem Plakat steht zu lesen: Das Nicht-Sehen-Können, also Blindheit trennt von den Dingen, das Nicht-Hören-Können, also Taubheit trennt von den Menschen. Also habe ich mir gedacht, wenn andere ein wenig teilhaben sollen/wollen an deinen Überlegungen, dann entlaste sie vom mühsamen Lesen und gib ihnen was zu hören (wobei die Video-Formate noch den charmant-uncharmanten Nebeneffekt haben, dass man sehen kann, wie alt der Jupp inzwischen geworden ist. Aber gerade der alte Jupp entdeckt mehr und mehr wieder seine kämpferische Ader; außerdem lebt der schon relativ lange sehr zurückgezogen, reist kaum und hat sein Driften im Raum auf einen Bierdeckelradius begrenzt. Deutlich wird das bereits in einem der ersten Videos covid-19.

Worum es eigentlich gehen soll, wird in dem eher programmatischen Video  verdeutlicht. Es geht um Geschichte und das Erzählen von Geschichten. Damit ist auch klar, dass neben dem Erzählen vor allem auch die Reflexion, die gründliche Druchdringung von Zusammenhängen, in den Vordergrund rückt. Darin sehe ich meine spezifische Herangehensweise und meine besonderen Möglichkeiten Licht in abgeschattete Bereiche zu tragen.

Seit einer knappen Woche bin ich nun mit meinem neuen Youtube-Format online. Neben Ermunterung gibt es differenzierte und berechtigte Kritik. Rudi Krawitz bemerkt zu recht, dass es sich im wesentlichen um "aufgeschriebene Lesetexte" handelt. Natürlich gibt es da Probleme mit der Lesegeschwindigkeit und auch der Tatsache, dass ich die Vorlesetexte teilweise in der Tat wie "Vorlesungen" angelegt habe. Darin stecken Anregungen, die ich aufnehme: Ich werde künftig vorher eindeutiger darauf hinweisen, ob es sich um Erzählungen handelt, so wie beim Einlesen von "Hildes Geschichte" oder ob es sich um "Vorlesungen handelt - beispielsweise da, wo ich versuche z.B. Luhmanns Theorie zu vermitteln oder wenn es darum geht, sich noch einmal mit Theodor W. Adornos "Erziehung nach Auschwitz" auseinanderzusetzen. Ein Hinweis Rudis ist insofern obsolet als alle Texte in meinem Blog - ausgestattet mit einem differenzierten Quellennachweis - nachvollzogen, besser: nachgelesen werden können.

Zum Schluss ein Wort zum Motiv mich überhaupt auf diese Ebene - vielleicht auch auf's Glatteis zu begeben. Ich halte es mit der Aufforderung unseres Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier. Der ruft ja nicht nur zum  K a m p f  gegen den Judenhass auf, sondern der erwartet vollkommen zu recht, dass die breite Masse der gut Ausgebildeten und natürlich erst recht der Gebildeten das Wort nimmt in Zeiten, wo rechtes Gedankengut inzwischen wieder eine Bühne in deutschen Parlamenten findet. Es reicht da nicht mit billigem Posting oder Likes hervorzutreten. Wir - die wir Bildungselite sind -, die jahrzehntelang Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet hat, sollte sich wenigstens Wolfgang Klafkis Defintion des "Gebildeten" entsinnen: Gebildet ist seiner Auffassung nach, wer um die Schlüsselprobleme dieser Welt weiß und sich ihrer verantwortungsvoll annimmt - jede(r) auf ihre/seine Weise und jede(r) mit ihren/seinen Möglichkeiten.