<<Zurück

 
 
 
 

Freundschaft (II)

Ohne Praxis ist alles Nichts! Und wie ist das mit der Theorie? - Hier gehts zur "Theorie" - Freundschaft (I)

Vermutlich haben wir alle eine Vorstellung von Freundschaft, die sich deutlich jenseits dessen bewegt, was wir unter Intimverhältnissen verstehen. Insbesondere Julia Onken regt mit ihren Unterscheidungen von Eros, Philia und Agape dazu an, hier klare Trennlinien zu ziehen. Mit Arnold Retzer werden wir hingegen andere Akzentuierunge erwägen, allein schon aus der Einsicht heraus, dass weder die (romantische) Liebe noch nüchterne (vertragsgeleitete) Partnerschaft alleine für sich auf Dauer mit dem Leben bzw. mit einem zufrieden stellenden Paarleben vereinbar sind.

Aber im Rückblick auf ein langes Leben erinnert man sich ja zunächst einmal an die Freundschaften, die - wenn auch heute eher in seltenen Fällen - ein ganzes Leben lang halten. Bereits im Vorschulalter werden die Weichen gestellt für "Blutsbrüderschaften", die nichts wissen von "freundschaftlicher Gleichheit, Ebenbürtigkeit und auch Eigenständigkeit", die diese Prinzipien aber verkörpern und für die wechselseitige Inanspruchnahme, ja Einstehen füreinander in allen Lebenslagen habituell sind, als vorreflexives Wissen selbstverständliche und alltägliche Praxis.

Wenn die runden Geburtstage anstehen, dann lässt sich an den Einladungslisten, den Zu- und Absagen ablesen, ob es in einem langen Leben gereicht hat zu einem vertrauensvollen und kraftvollen, Gemeinsamkeit begründenden Einvernehmen in grundsätzlichen Fragen der Lebensgestaltung. Und wir sollten uns an der Stelle nichts in die Tasche lügen. Die Messlatte für eine solche Freundschaftskultur liegt hoch. Eine "moralische Institution" kann Freundschaft nur sein, wenn sie eine Praxis begründet, die über das wechselseitige Wohlwollen deutlich hinaus geht. Das Wohlwollen einem Freund gegenüber sieht Retzer als notwendig an, aber es reiche nicht, wenn es sich nicht mit der vollzogenen Wohltat verbinde: "Mit jemandem in Freundschaft leben, heißt also eigentlich: Leben zu teilen und das Teilen zu leben. Wohlwollen kann allenfalls zu untätiger Freundschaft führen. Freunde müssen sich verhalten und Tat-Sachen schaffen (Arnold Retzer)."

Liebe, Partnerschaft und Freundschaft

Es mag ein wenig verrückt anmuten, in der Einleitung zu einem zweigeteilten Untermenü einen Vorgriff auf den zweiten Teil anzubieten: Aber in diesem zweiten, eher praxisorientierten Teil, soll es ja um die Erörterung eines "dritten Weges" zwischen Liebe und Partnerschaft gehen. Dieser "dritte Weg" soll und kann erwogen werden sowohl mit Blick auf eine schon beträchtliche Vergangenheit, zu der es eine Menge Geschichten gibt (viele und immer mehr dieser Geschichten sind über diesen BLOG zugänglich). Der Blick gilt allerdings auch einer Zukunft, deren Möglichkeitsraum - wie auch immer - natürlich sehr viel begrenzter ist; aber gleichwohl weniger bescheiden. Dafür wiederum spricht eine Gegenwart, die auf der einen Seite in der theoriegeleiteten Reflexion sensibilisiert für ungeahnte Möglichkeiten; und die auf der anderen Seite in einer tätigen Praxis immer wieder und unmittelbar auf die Gnade und die Grenzen freundschaftlicher Beziehungen stößt. Bezogen auf die Ausgangsfrage wird der zweite Teil im Sinne einer bereits kultivierten "resignativen Reife" (Arnold Retzer) und auf der Grundlage einer langen Ehe (mit Arnold Retzer) der Frage nachgehen, ob sich sogar das Paradoxon einer Liebesehe durch eine Freundschaftsehe oder eine Liebesfreundschaft ersetzen und lebbar machen ließe.

Selbstverständlich bleibt mehr als erklärungsbedürftig, warum ich beide Teile - Freundschaft I und II - unter dem Hauptmenü "Liebe, Sex und solche Sachen" platziert habe. Es ist ja mehr als offensichtlich, dass hier zentrale Fragen von Familie und Partnerschaft thematisiert werden. Aber wie Arnold Retzer selbst untertitelt, geht es um einen "dritten Weg" zwischen Liebe und Partnerschaft. So hat sich die Waagschale ein wenig mehr zum letztendlich gewählten Hauptmenüpunkt geneigt - hier ist die mächtige Urkraft des Eros noch ein wenig mehr zu Hause. Aber selbstverständlich räume ich ein, dass hier eine Trennschärfe nicht mehr wirklich gegeben ist. Und alle an Familie und Partnerschaft Interessierten werden eingeladen einfach quer zu gehen und im Übrigen auch die 2006 im Café Hahn veranstaltete Vortragsreihe zu nutzen.

Erziehung als Formung des Lebenslaufs

Gedanken zur biographischen Selbstkonstruktion in Anlehnung an Niklas Luhmann (siehe dazu auch den entsprechenden Foliensatz)

(Einleitung II zu: Ich sehe was, was du nicht siehst - komm in den totgesagten Park und schau)

Vorsicht – Theorie! Theorie kann spannend und anregend sein; Theorie vermag das Nachdenken über und das Ordnen von Erfahrungen zu erleichtern und im besten Fall auf den Begriff zu bringen – vielleicht lässt sich der Zusammenhang am besten mit einem – Immanuel Kant zugeschriebenen – Aphorismus verdeutlichen, wenn er sagt: Ohne Anschauung sind unsere Begriffe blind und ohne Begriffe bleibt alle Anschauung leer (im Sinne erzählten Lebens eben stumm).

Um Spaß und Vergnügen an diesem Buch zu haben, zumindest Interessantes, Amüsantes, Tragisches, Komisches oder alles miteinander vermischt vorzufinden, kann man diese Einleitung II getrost überspringen und da ansetzen, wo ich mit meinen Erzählungen und Aufzeichnungen beginne. Mich selbst interessieren aber auch theoretische Aspekte dieser Selbstbeschreibung. Daher gibt es in diesem Buch immer wieder „Theorieschübe“, die allein schon an ihrer äußeren Erscheinungsform erkennbar sind.

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.