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Drei Unheilige aus dem Abendland Teil III - um den Preis einer Abbitte

Ich lese von Michael Thumann: Bis zum Letzten - Unterdrückung im Innern, Angriff nach außen: Wladimir Putin wird immer radikaler, in: ZEIT 9/24, Seite 2. Viele der folgenden Zeilen sind Michael Thumanns Artikel fast wortgetreu entnommen. Die Abbitte fällt mir schwer. Sie bezieht sich auf Fehleinschätzungen, wie sie den Drei Unheiligen aus dem Abendland I und II zugrundliegen (siehe weiter unten). Leider sind es Fehleinschätzungen, die der Entwicklung des politischen Weltgeschehens ebenso geschuldet sind, wie den widerwärtigen innenpolitischen Entwicklungen, die gegenwärtig (auch) zu beobachten sind. Uns bleibt das klare, offene Wort, das Bekenntnis zu einer demokratischen Grundordnung auf rechtsstaatlichem Fundament. Und wir hoffen und treten dafür ein, dass wir nicht dem gleichen Irrtum unterliegen, wie vor 92 Jahren Erich Kästner!

Alexej Nawalny ist tot!
Er hat seinen eigenen Tod billigend in Kauf genommen;
ein Opfer, das gegenwärtig vergebens erscheint.

Auch wenn wir wissen,
dass ein Gemeinwesen ohne Freiheit
den Erstickungstod stirbt,
bleibt uns mit Blick auf Nawalny nur die Trauer.

Michael Thumann spricht von "orchestrierter Aggressivität"
jenes Mannes, der "aus Paranoia und Allmachtswahn
nun Jagd auf Blumen machen lässt".

Und wir lesen vom fortgesetzten Blutbad der Putin-Russen - und fragen:
gibt es denn noch andere (Russen)? Ja: wir lesen von Morden
an Sergej Magnistki, Boris Nemzow und selbst an Jewgeni Prigoschin.
Und wir fragen: Wie lange lebt wohl Wladimir Kara-Mursa noch?

Ungezählt bleiben die Namenlosen, die Putin und seinen Speichelleckern die Stirn bieten (und in Gefängnissen und Stalags verschwinden).

Wie oft denn noch?

Dr. Franz Josef Witsch-Rothmund, Am Heyerberg 11, 56072 Koblenz zu:

Miriam Lau: Gefährlich still – Keine Partei wird so brutal attackiert wie die Grünen. Die anderen Parteien sollten sich endlich klarer vor sie stellen (ZEIT 9/24 – Titelseite) und: Giovanni di Lorenzo: Vor aller Augen - Wer sich nach Alexej Nawalnys Tod noch Illusionen über Putin macht, dem ist nicht mehr zu helfen (ZEIT 9/24 - Titelseite)

Wie oft denn noch? Carl Schmitt ist längst wieder in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen und ersetzt zum Beispiel bei vielen Ernst Fraenkels Pluralismustheorie durch totalitäres Freund - Feind - Denken; und dies nicht nur als Blaupause für die Despoten dieser Welt à la Putin, Xi Ji Ping, Lukaschenko, Assad…:

"Die Begriffe Freund und Feind sind in ihrem konkreten, existenziellen Sinn zu nehmen, nicht als Metaphern oder Symbole, nicht vermischt und abgeschwächt durch ökonomische, moralische und andere Vorstellungen, am wenigsten in einem privat-individualistischen Sinne psychologisch als Ausdruck privater Gefühle und Tendenzen. Sie sind keine normativen und keine 'rein geistigen' Gegensätze. Der Liberalismus hat in einem für ihn typischen Dilemma von Geist und Ökonomik den Feind von der Geschäftsseite her in einen Konkurrenten, von der Geistseite her in einen Diskussionsgegner aufzulösen versucht. Im Bereich des Ökonomischen gibt es allerdings keine Feinde, sondern nur Konkurrenten, in einer restlos moralisierten und ethisierten Welt vielleicht nur noch Diskussionsgegner […] Ob man es aber für verwerflich hält oder nicht und vielleicht einen atavistischen Rest barbarischer Zeiten darin findet, daß die Völker sich immer noch wirklich nach Freund und Feind gruppieren, oder hofft, die Unterscheidung werde eines Tages von der Erde verschwinden, ob es vielleicht gut und richtig ist, aus erzieherischen Gründen zu fingieren, daß es überhaupt keine Feinde mehr gibt, alles das kommt hier nicht in Betracht. Hier handelt es sich nicht um Fiktionen und Normativitäten, sondern um seinsmäßige Wirklichkeit und die reale Möglichkeit dieser Unterscheidung. Man kann jene Hoffnungen und erzieherischen Bestrebungen teilen oder nicht; daß die Völker sich nach dem Gegensatz von Freund und Feind gruppieren, daß dieser Gegensatz auch heute noch wirklich und für jedes politisch existierende Volk als reale Möglicheit gegeben ist, kann man vernünftigerweise nicht leugnen.“ (Der Begriff des Politischen, Duncker&Humblot, Berlin 1932 – hier 7. Auflage, Berlin 1963, S. 28f.)

Auch anlässlich des Artikels: Erich Kästner: Ein Mahner für unsere Zeit in der RZ vom 22.2.24,S. 10

Erich Kästner: Wie kann das sein?

Wie kann das sein?

1) Wie kann das sein?
Mein Kopf sagt nein!
Mein Herz will schrein!
Wir sind die Enkel jener Schinder,
deren widerlichster sprach: zuerst die Kinder!

2) In Posen nahm er sie beim Wort
und sprach von Anstand vor den Schloten;
sie schufen jenen Ort,
belebt von Henkern und von Toten.
Sie hielten sich daran und töteten (zuerst) die Kinder!

3) Die Herrenrasse sagt: der Freund! - der Feind!
Und Carl der Schmitt ermuntert sie, das Fremde auszumerzen.
Der Herrenmensch marschiert im Wahn vereint
enthemmt, bar jeder Regung noch im Herzen.
Er mordet, was im Wege steht und tötet immer auch die Kinder - (zu allerst) die Kinder!

4) Und Schinder wachsen nach – aus BluBo und aus BrauSi.
Der Abschaum pflanzt sich fort, gebiert den Bastard,
der tackert sich die Ahnentafel auf die Stirn;
hat ne Kloacke dort, wo andre haben Hirn.
Wer glaubt, dass die mal waren Kinder?

5) Nie Wieder! Wer versteht das nicht?
Spricht R v W doch von Befreiung!
Und Willy Brandt kniet nieder und bittet um Verzeihung;
bekennt sich zu den Grenzen – zum Gewaltverzicht!
Wie kommen BluBo, BrauSi in das Hirn verführter Kinder?

Abbitte - den Mund zu voll genommen! Kurz vor Schluss III wird es erst im Spätsommer geben. Wie wichtig mir dieser dritte Band ist, kann man an folgender Auskopplung sehen, die ich aber heute mit einem Whats-App-Kontakt einleiten möchte, der zeigt, dass meine Orientierung an Eva von Redeckers Bleibefreiheit Spuren hinterlässt:

Rudi schickte mir gestern mit folgendem Vermerk aus dem Würth-Museum in Künzelsau einen Text zu Anselm Kiefer: "Bin im Wörth Museum in Künselsau und entdecke zu Deinen Themen 'Benn' und 'Bleibefreiheit' gerade diese Tafel in der Sonderausstellung Anselm Kiefer: >6.8. - 8.8.1963 >>Boulevards, Lidos, Lane - selbst auf der Fifth Avenue fällt sie die Leere an<< (aus: Gottfried Benn, Reisen) - Benns Feststellung, dass das Reisen nicht zur Selbstfindung beiträgt, kann Anselm Kiefer für sich nicht bestätigen. Er genießt den Trubel des Großstadtlebens und die Sehenswürdigkeiten in Brüssel während seines Kurzaufenthaltes auf dem Weg nach Paris. Zeitgleich beschäftigen ihn Sorgen aufgrund von Krankheit und knappem Reisebudget."

Meine Antwort war dementsprechend konsequent und folgerichtig, ohne in Abrede zu stellen, dass wohlverstandenes Driften in der Welt sehr wohl persönlichkeitsbildenden Charakter haben Kann. Ich zitiere dann eben auch ein wenig Kontext aus Gottfried Benns Reis-Verriss:

"Meinen Sie Zürich zum Beispiel
sei eine tiefere Stadt,
wo man Wunder und Weihen
immer als Inhalt hat?

und vor allem:

Ach vergeblich das Fahren!
Spät erst erfahren Sie sich:
bleiben und stille bewahren
das sich umgrenzende Ich."

Ja lieber Rudi, genau da finde ich mich. Ich habe die Wunder und Weihen genommen und bin auf diese Weise bei mir angekommen! Liebe Grüße aus der Bleibefreiheit; mit gesonderter Nachricht die "Flaschenpost" von Paul Celan (ganz am Ende) - eine Verbindung daher auch zu Anselm Kiefer.

Neues zu Phase V, die Detlef Klöckner im besten Fall als Fürsorgliches Finale versteht

Detlef Klöckners "Phasen der Leidenschaft - Emotionale Entwicklungen in Paarbeziehungen", Stuttgart 2007 (Klett-Cotta - ISBN: 978-3-608-94432-7) begleitet mich seit 2007.

Meinen Blog (www.fj-witsch-rothmund.de) gibt es erst seit zehn Jahren. Den nachstehenden Beitrag habe ich bereits 2016 veröffentlicht. Beim Überfliegen dieses Beitrags werde ich unmittelbar damit konfrontiert, mit welcher Rasanz sich auch die eigene lebenslaufbezogene Dynamik vollzieht. Vielleicht war es 2016 noch zu früh von einem Fürsorglichen Finale zu reden. Unterdessen – ich bin gestern 72 Jahre alt geworden – tritt ganz selbstverständlich das ein, was mit diesem Beitrag bereits 2016 thematisiert wurde: Der Zwang und die Notwendigkeit Alter und Altern auch in den Mittelpunkt eigener Reflexionen zu stellen, ergab sich seinerzeit noch aus der Tatsache, dass wir soeben die Schwiegermutter in den eigenen Haushalt integriert hatten. 2020 ist meine Schwiegermutter – fast 97jährig im örtlichen Pflegeheim verstorben. Allein diese Tatsache offenbart einen radikalen Wandel innerhalb kürzester Zeit. Den Versuch, Liesel, die Mutter meiner Frau, in den eigenen Haushalt aufzunehmen und zu integrieren, muss ich rückblickend als gescheitert begreifen. 2017, nach einem kurzen Klinikaufenthalt, entschlossen wir uns zur Dauerunterbringung in einem örtlichen Pflegeheim – anfangs schweren Herzens, danach aus meiner Sicht mit zunehmender Überzeugung. Es passte gemeinsam unter einem Dach nicht mehr; die besten Jahre mit meiner Schwiegermutter – von 2017 bis 2020 – hatten wir nach der Aufnahme in den Laubenhof. Den nun folgenden Beitrag, den ich durch farblich unterschiedene Zusätze aktualisiere, halte ich deshalb heute für aktueller als noch 2016, weil wir nun tatsächlich in diese letzte Phase eines – wie Klöckner im besten Fall meint – Fürsorglichen Finales eintreten – mit wachem Bewusstsein und familiär mit einer deutlich verjüngten Ausgangsbasis. Denn 2019 ist uns Leo, 2020 Jule und 2024 Anouk geboren worden. Sie alle haben gestern mit mir gemeinsam Geburtstag gefeiert – erstmals im engen Kreis der Familie (auch wenn sich später noch unverhofft Überraschungsgäste einstellten).

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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