<<Zurück

 
 
 
 

Für Willi - am 12.11.2024

Na klar würden  w i r  heut feiern – 69 – eine Schnapszahl, ineinander verdreht und magisch - für Willi allemal:
Willi hätte gestern vermutlich schon gefeiert, ne Karnevalsjeck am 11.11. – hinein in den 12.11., seinen 69sten Geburtstag.

So aber gibt es nichts zu feiern, und die Erinnerung schmerzt und beglückt gleichermaßen. Sie gilt ja dem, den wir gehabt haben und dem, den wir nicht mehr haben. Will sie uns mahnen?

Sorgt Euch – nicht nur um Euch, vor allem um die, die uns anvertraut sind?

Ach Quatsch: Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?  Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. (Mt 10,29)

Das hätte Willi gefallen! Unser Willi war ja kein Sammler – er war ein Flieger über den Wolken und sein Sturz war bodenlos – hoffentlich nicht ohne seinen Vater?!

Wäre er heute unter uns, so würde er feiern und sich grämen gleichermaßen? Auch für ihn wäre die große Welt in Unordnung und kämpfen würde er für ein bisschen Ordnung in seiner kleinen Welt?!

Familie - Wir sind nicht alleine auf der Welt - ob wir das nun wollen oder nicht

Viele Umarmungen, viele Tränen, viel Wirbel - der Ausdruck von Gefühlen hält die Familie gesund (meint Richard Gere in: Was ich gern früher gewusst hätte (ZEIT-Magazin 47/24)

Vor 25 Jahren habe ich nach dreijähriger Aus-, Fort- und Weiterbildung die IGST (Internationale Gesellschaft für Systemische Therapie) in Heidelberg verlassen – drei Jahre intensiver Therapieerfahrung. Meinem eigenen Leben hat diese therapeutische Selbstexkursion den entscheidenden Wendepunkt vermittelt. Selbstkritische, kreative und sozial-intelligente Potentiale entfalten sich nicht von selbst bzw. man kann sie fördern und entwickeln. In meinem Fall brauchte es den Anstoß durch den fremden, wertschätzenden Blick, der mich ermunterte die Tatsache blinder Flecken im Selbstbild sowie in den sozial relevanten Fremdbildern anzunehmen und allein schon dadurch veränderte Kommunikationsgewohnheiten und -formen auszubilden.

Bevor es zu spät ist – welche schwierigen, aber wirklich wichtigen Fragen wir unseren Eltern stellen sollten.

Das ZEIT-Magazin lockt mit diesem Aufmacher auf der Titelseite der ZEIT-Ausgabe vom 24. Oktober 2024 (45/24). Immerhin helfen dabei fünf renommierte Zeit-Redakteur:innen: Andreas Öhler, Johannes Dudziak, Iris Radisch, Malin Schulz und Raoul Löbbert. Sie nähern sich dem heiklen Themenkomplex, indem sie – sozusagen vorgeschaltet – fragen:

„Kennen wir unsere Eltern eigentlich wirklich? Wieso fällt es uns schwer, ihnen die Fragen zu stellen, die wir an sie haben?“ Sie verweisen auf ein neues Buch von Stephan Schäfer – eigentlich zwei Bücher. 100 Fragen hat er in einem Buch versammelt, das in der Tat in zwei Versionen erscheint – eins richtet sich an Mütter, das andere an Väter; es heißt: Das Buch, das bleibt (bei Ullstein).

Die Geschichten, die den genannten ZEIT-Redakteur:innen dazu einfallen sind gewiss mehr oder weniger lesenswert. Wie schon in meinen vorangegangenen Blog-Beiträgen wird hier eine Tür geöffnet, durch die gewiss nicht jeder gehen mag. Natürlich kennen wir unsere Eltern:

„Sie waren da in unserem ersten Moment, und wir sind es vielleicht in ihrem letzten. Aber kennen wir auch den Menschen, der unsere Mutter, unser Vater ist? Wissen wir, wer sie waren, bevor wir sie für immer zu unseren Eltern machten? Und was passiert, wenn wir uns diese Frage – und dieser Frage – wirklich einmal stellen?“

Robert Sapolsky: Was lehren uns Paviane über Politik

Primaten als fantastische Modelle für den modernen westlichen Menschen - Robert Sapolsky im Interview mit Xifan Yang (ZEIT 46/24, Seite 9)

"Paviane sind fantastische Modelle für den modernen Menschen. Sie leben in relativ sicheren Umgebungen ohne Hungersnöte, dadurch haben sie viel Zeit für psychosozialen Stress und sinnlosen Wettbewerb. Anfangs dachte ich, dass Alphapaviane am gesündesten seien, weil sie mehr Kontrolle über ihr Leben haben. Nach Jahren der Forschung wurde mir jedoch klar, dass soziale Bindungen wichtiger sind als der Rang. Ein Pavian, der gut sozial integriert ist, ist gesünder, selbst wenn er weiter unten auf der Leiter steht." Xifan Yang fragt: "Warum sucht ein Pavian nicht ein Bündnis mit anderen niedrigeren Ranges, um den Alphapavian zu stürzen?" Die Antwort: "Das habe ich in meinen 25 Jahren Forschung einmal erlebt. Aber nach sechs Monaten fielen die Paviane, die gemeinsam auf die Barrikaden gegangen waren, sich gegenseitig in den Rücken. Bei Menschen ist das nicht anders. Warum rebellieren sie nicht öfters gegen Diktatoren, warum bleiben Leute wie Putin an der Macht? Indem sie Menschen dazu bringen, sich gegenseitig zu misstrauen."

Und:

„Die Aufklärung hat die Rationalität zumindest stark überbewertet. Menschen handeln oft auf der Basis von Gefühlen und rationalisieren ihre Handlungen im Nachhinein. Unsere limbischen Gehirnareale, für Emotionen zuständig, treffen Entscheidungen in Millisekunden, bevor die für Rationalität zuständigen Hirnregionen überhaupt aktiv werden können. Die Aufklärung erfasste die angesagten intellektuellen Salons in Europa. Den durchschnittlichen Europäer in der Provinz ließ sie unberührt. Auch heute ist der Firnis der Rationalität, der unsere Gesellschaft umhüllt, hauchdünn.“

Wolfgang Schmidbauer: Dämonisierung von Eltern

mit einem Hinweis auf: Hannes Ringlstetter - Mein Abschied vom Vater

Wolfgang Schmidbauer hat mir bereits 2006 als Interviewpartner zur Verfügung gestanden - siehe hier: Die heimliche Liebe - das war zu Zeiten von Kopfschmerzen und Herzflimmern - kurz nach dem Tod der geliebten Mutter, deren Frühgeschichte - incl. der Geburt meiner Schwester 1942 - in der Auseinandersetzung durchaus Fragen aufgeworfen hat (siehe: Hildes Geschichte). Aber es war keine nachgetragene Liebe, sondern schlicht der Versuch ein wenig Licht in die abgeschatteten Dunkelzonen unserer Familiengeschichte hineinzutragen.

Heute fiel mir ein Interview in die Hände, das Wolfgang Schidbauer im aktuellen SPIEGEL (43/4, Seite 108-111) Tobias Becker gegeben hat. Ich gebe in der Folge einmal ein paar Passagen wieder, die bedenkenswert erscheinen:

Schmidbauer: Die Vorstellung, missratene Eltern gehabt zu haben, befreit von dem depressiven Konzept, selbst an allem schuld zu sein. Aber auf Dauer ist es schlecht fürs Selbstbewusstsein, diejenigen schlechtzumachen, die einem nahestehen. Ich nenne das den kannibalischen Narzissmus. Wenn ich sage, dass meine Frau ganz grässlich ist, muss ich mich auch als jemand sehen, der keine bessere Frau gefunden hat. So ähnlich ist es zwischen Kindern und Eltern. Wer seine Eltern entwertet, entwertet auch sich selbst. Dazu kommt ein weiteres Problem, das größere vielleicht.

SPIEGEL: Welches?

Schmidbauer: Wer sich als Kind inszeniert, erlebt sich als solches und verliert den Kontakt zu seinen Stärken, zu seiner Autonomie.

SPIEGEL: Der Psychoanalytiker kritisiert die Geister, der er gerufen hat?

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.