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Karfreitagsgedanken - Teil II (hier: Teil I)

Kann man ein guter Vater sein, wenn man keinen (guten) Vater gehabt hat? Die Titelseite des SPIEGEL (17/25 vom 17. April 2025) zeigt einen etwa vierjährigen Jungen auf der rechten Schulter seines Vaters sitzend. Seine rechte, geöffnete Hand berührt zwar nicht das Kinn seines Vaters. Aber die Haltung legt nahe, dass sich in dieser Hand eine umfassende symbiotische Verbundenheit, eine tief gründende Gewissheit - vielleicht eine lebenslange Sehnsucht - ausformt. Das Kind schmiegt seinen Oberkörper an den Kopf des Vaters; der eigene Kopf ruht gedankenverloren auf dem Haupt des Vaters. Mit seiner linken Hand umfasst der Vater den rechten Unterschenkel seines Sohnes. Beide wissen um eine unverbrüchliche Verbundenheit. Die Blicke der Beiden versinken nicht ineinander, haben aber die unzweifelhafte Qualität, in der Zugehörigkeit, liebevolle Zuwendung, Geborgenheit und Urvertrauen zu einer Melange verschmelzen, die Samer Tannous (55) auf Seite 9 des SPIEGEL-Beitrags folgendermaßen beschreibt:

Karfreitagsgedanken 2025 (Teil I) - heute mit Moritz Aisslinger (hier: Teil II - mit der Frage, warum Väter so wichtig sind) und über unsere Demokratie wusste Ernst Bloch 1966 höchst Bedenkenswertes zu sagen (hier: Teil III)

Moritz Aisslinger darf in der Osterausgabe der ZEIT das Dossier gestalten: 20 Leute, der Anführer tot. Was soll da schon rauskommen - Zusammen hatten sie Irres erlebt, davon wollten sie nun der ganzen Welt erzählen. Bis Hunderte mitmachten, Tausende, am Ende Milliarden. Die Erfolgsstory des Christentums (ZEIT 16/25, S. 13ff.)

Jesus als Revolutionär: Die Zeit für Jesus war jedenfalls günstig:

"Das Land, durch das die Gruppe streifte, war okkupiertes Land, Rom befahl. Die meisten Juden wünschten sich ein Ende der Fremdherrschaft. Viele glaubten, nur Gottes Beistand könne ihnen dazu verhelfen. Seit Urzeiten hatte es die Hoffnung des jüdischen Volkes auf das Erscheinen des Messias gegeben. Nun waren einige überzeugt: Jesus ist jener Messias."

Die Christen feiern Ostern die Auferstehung jenes Messias, dessen Revoluzzerkarriere on the road - wie Aisslinger schreibt - nach zwei Jahren endet mit seiner Verhaftung und seiner Hinrichtung wegen Aufruhrs:

"An einem Tag, den Menschen später einmal als Karfreitag in Erinnerung behalten sollten, starb er. Ohne Jesus stand die Truppe vor dem aus."

Später einmal: Das ist nunmehr seit 2025 Jahren der Fall - die ganze moderne Zeitrechnung im Westen richtet sich aus nach der Geburt Christi!!! Moritz Aisslinger durchschreitet die Geschichte des Christentums in einem rasanten Parforce-Ritt. Man kann es an den Kapitelüberschriften nachvollziehen:

  • Um das Jahr 60: circa. 1.250 Christen weltweit
  • Um das Jahr 110: circa 10.000 Christen weltweit
  • Um das Jahr 200: circa 155.000 Christen weltweit
  • Um das Jahr 250: circa 650.000 Christen weltweit
  • Um das Jahr 300: circa 3 Millionen Christen weltweit
  • 28. Oktober 312: circa 3,8 Millionen Christen weltweit
  • Um das Jahr 400: circa 30 Millionen Christen weltweit
  • Das Jahr 2025: circa 2,5 Milliarden Christen weltweit

Ich greife aus Moritz Aisslingers Parforce-Ritt nun lediglich die mir persönlich bedeutsam vorkommenden Stationen auf:

Ulrich Schnabel: Alles schlimm?

In Ulrich Schnabels Beitrag erklären eine Psychologin (Judith Mangelsdorf), ein Historiker (Frank Bösch) und die Forschungsdirektorin der Nato-Militärakademie in Rom (Florence Gaub), wie man trotz Krise zuversichtlich bleibt - und sein Angstzentrum entkrampft. Bei mir geht das nur mit Humor, der sich sarkastischer Anleihen nicht zu entziehen vermag.

Verröffentlicht: 06. August 2023

Ijoma Mangold: „Totalitäres Biedermeier“ – „Uns fehlt die Tugend der Demut“ (Ein Gespräch mit dem Philosophen Michael Sandel, geführt von Elisabeth von Thadden) und Martina Kix erklärt, wie aus „Layla“ ein „Protestsong“ wurde (alles in der ZEIT vom 27. Juli – 32/23, Seiten 46, 43 und 41) und jetzt kommt noch Ulrich Schnabel dazu: Alles schlimm? So halten Sie das aus (ZEIT vom 10. April -15/25, Seite 29/30)

In Ulrich Schnabels Beitrag steht eine Conclusio, die ich mir immer wieder zu Herzen nehme - mit Hilfe der ZEIT: "Motiviert verlasse ich das Forschungsinstitut und flaniere durch die sanierte Potsdamer Altstadt zum Bahnhof. >Tun, was möglich ist< heißt ja in meinem Fall: einen hilfreichen Artikel schreiben." In meinem Fall heißt es: Schreib doch ein Gedicht (und das Schöne in der digitalen Welt ist: man kann die Querbezüge zum Diskurs in der ZEIT jederzeit transparent machen): Also ein Gedicht entlang des ZEITgemäßen Diskurses zur eigenen Entlastung im medialen Tsunami - geschrieben mit Aufmerksamkeit und vor allem Humor:

Sebastian Haffner: Hitlers Machtergreifung I

Parforce-Ritt zu Hitlers Machtergreifung – nachgezeichnet anhand von Sebastian Haffners Vortrag im Bayrischen Rundfunk 1983, in: Sebastian Haffner, Historische Variationen, München 2003, Seite 151-172)

Damit wir heute – in schwierigen Zeiten mit einem Wähleranteil der AfD bei den Bundestagswahlen vom 23. Februar 2025 von über 20 Prozent – angemessen umgehen können mit Vergleichen zur Weimarer Republik, lohnt es die entscheidenden Argumentationslinien in Sebastian Haffners Skizze nachzuvollziehen:

Sebastian Haffner stellt all die Fragen, die wir im Grunde kennen: Wie konnte es soweit kommen? Wo waren in der Krise von 1932/33 Verfassung, Reichstag, Parteien? Woran starb die Weimarer Republik? War sie überhaupt je lebensfähig? Es sind Fragen, die Sebastian Haffner stellt, um verstehen zu können, was Hitlers Machtergreifung möglich machte.

Und 1983 fühlt sich Sebastian Haffner zunächst einmal bemüht schon ganz zu Beginn seiner Ausführungen auf einen grundlegenden Unterschied zwischen der Weimarer Republik und der Bundesrepublik hinzuweisen – immer mit Blick auf die Frage, „ob es ein neuer Hitler mit der Bundesrepublik so leicht haben würde, wie es Hitler mit der Weimarer Republik hatte?“ Haffner kolportiert, dass man die Weimarer Republik eine Republik ohne Republikaner genannt habe:

„Es gab schon Republikaner; aber es gab sie nur auf der gemäßigten Linken. Die radikale, kommunistische Linke wollte eine ganz andere Republik. Und, was schwerer wog, die gesamte Rechte, sogar die gemäßigte Rechte, wollte im Grunde  immer noch die Monarchie. Das aber beraubte die Weimarer Republik von Anfang an der Möglichkeit eines normalen Regierungswechsels, der doch erst das wahre Leben einer parlamentarischen Republik ausmacht.“ (Seite 152)

Wir sind unsere Geschichte

Wilhelm Schmid hat 2025 Die Suche nach Zusammenhalt veröffentlicht (Suhrkamp Verlag, Berlin 2025). Ausschlaggebend für den spontanen Kauf war ein überschaubares Kapitel im Hauptkapitel: In Gesellschaft leben, was heißt das? Der vierte Abschnitt ist überschrieben mit dem Titel: Aufklärung im Klärwerk: Die Wahrheit der Gesellschaft (Seite 36-44). Innerhalb seiner Ausführungen beschäftigt sich Schmid sozusagen mit zwei relevanten Polen - zum einen nimmt er die Wasserbetriebe in den Blick, die dafür sorgen und Verantwortung tragen, dass Haushalte in Deutschland mit hochwertigem und einwandfreiem Trinkwasser versorgt werden.

Aber am "anderen Ende der Wasserbetriebe, im Klärwerk, habe sie mit anderen Problemen zu schaffen. Die Gesellschaft verändert sich, es gibt immer mehr ältere Leute, und die benutzen gerne Feuchttücher, die sie praktischerweise auch gleich im Klo entsorgen. Zusammen mit Haaren und Papiertaschentüchern verstopfen diese Lappen regelmäßig die Anlagen. Junge Frauen wiederum nehmen seltener die Pille, umso häufiger landen Kondome im Abwasser statt im Müll. Etliche Unternehmen überschreiten hier und da Grenzwerte bei den Einträgen von Chemikalien. Und die Menschen trinken, ziehen Kokainlines, werden krank, schlucken Medizin, gehen auf die Toilette und wenig später kommt es im Klärwerk zum Vorschein. Wo werden besonders viele Antibiotika eingesetzt? Welche Hormone werden weggespült? Wie hoch ist der Alkoholpegel aktuell? Wann werden in welchem Stadtteil welche Drogen konsumiert? Die messbaren Rückstände erlauben Rückschlüsse."

   
© ALLROUNDER & FJ Witsch-Rothmund
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